Bonn. Eine soeben veröffentlichte repräsentative Befragung des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) zeigt erneut: Rechte von Pflegebedürftigen werden in besorgniserregendem Umfang verletzt. Die Befragungsergebnisse bestätigen die Erfahrungen, die die Mitarbeiter der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA) e.V. täglich an den Beratungstelefonen machen. Die BIVA sieht den wichtigsten Grund für den Missstand in der zu geringen Personalausstattung der Pflegeeinrichtungen. Sie fordert daher, die Pflegeinrichtungen zu verpflichten, die vorgegebenen Personalschlüssel einzuhalten und bestehende finanzielle Anreize für eine personelle Unterbesetzung abzuschaffen.
Seit Jahrzehnten gibt es mit den Pflegeeinrichtungen vereinbarte Personalrichtwerte. Sie unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland und werden allgemein als zu niedrig angesehen. Das Hauptproblem der Landesrichtwerte und der mit den Pflegeheimen vereinbarten Personalschlüssel liegt aber darin, dass sie für die Einrichtungen nicht verbindlich sind und Abweichungen nach unten nicht hinreichend sanktioniert werden.
Im Gegenteil: Die einfachste Methode für ein Pflegeheim, um Gewinne zu erzielen, ist die Nichtbesetzung von abgerechneten Stellen. Eine vorgesehene Erarbeitung von neuen bundeseinheitlichen Personalrichtwerten bis Mitte 2020 kommt nicht nur viereinhalb Jahre zu spät für alle, die sich heute in einer Pflegeeinrichtung befinden. Sie löst auch nicht die Frage der Verbindlichkeit. „Wir fordern deshalb als Übergangslösung, dass die Heime verpflichtet werden, ab sofort ihre tatsächliche Personalausstattung zu veröffentlichen. Außerdem sollten sie ins Verhältnis gesetzt werden zu den bestehenden Landespersonalrichtwerten und dem für das jeweilige Heim vereinbarten Personalschlüssel“, sagt Dr. Manfred Stegger, Vorsitzender der BIVA. Dies erfordere keine neue Bürokratie und wäre ein erster Schritt zu mehr Transparenz für die Pflegebetroffenen. „Bisher zahlen Heimbewohner das volle Geld, ohne zu wissen, ob die Personalausstattung wirklich den Vereinbarungen entspricht“, so Stegger. „Die Möglichkeit der Heime, an fehlenden Pflegeleistungen zu verdienen, könnte durch diese Maßnahme eingedämmt werden.“
In der repräsentativen Befragung des ZQP berichten 58% des Pflegepersonals von Fällen, in denen über den Willen der Pflegebedürftigen hinweg gehandelt oder notwendige Hilfen nicht gegeben wurden (49%). Auch in der Bevölkerung hat der Studie zufolge mehr als jeder vierte bereits Fälle von Missachtung gegenüber pflegebedürftigen Menschen erlebt.