(djd) Schließen Sie die Fenster, wenn draußen die ersten Vögel den Frühling ankündigen? Oder würden Sie im Theater freiwillig den Platz mit der schlechtesten Akustik wählen? Vermutlich nicht. Rund zehn Millionen Deutsche tun dies - im übertragenen Sinne. Sie leiden unter einer Hörminderung. Betroffen davon sind laut Weltgesundheitsorganisation etwa 15 Millionen Bundesbürger. Und: Lediglich jeder Dritte ist mit einem Hörgerät versorgt.
Hörminderung - nicht nur eine Frage des Alters
"Dass mit den Jahren das Hörvermögen nachlässt, ist in weiten Teilen natürlich", weiß Marco Faltus, Leiter der Abteilung Audiologie des Hörgeräte-Herstellers Phonak. Doch auch bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist schlechtes Hören keine Ausnahme mehr. Hier ist es vor allem die "Lärmschwerhörigkeit", die seit Jahren zunimmt, wie der Deutsche Berufsverband der HNO-Ärzte meldet. Konzertbesuche sowie lautes und dauerhaftes Musikhören über Kopfhörer (MP3-Player) sind die Hauptursachen. Dabei würden 100 dB und mehr schnell erreicht - die Lautstärke eines Presslufthammers.
Diese Zahlen sind alarmierend. Denn langfristig leidet nicht nur die Lebensqualität, sondern auch die Gesundheit, wenn aufmerksames Zuhören immer anstrengender wird. Erschöpfung und anhaltende Kopfschmerzen gehören zu den Folgen. Nicht zu vernachlässigen ist die psychische Komponente: Es trifft das Selbstwertgefühl, wenn die Kollegen oder Kunden einem Kompetenz absprechen, weil man häufig nachfragen muss. Es macht unsicher, wenn man sich nicht mehr auf seine Ohren verlassen kann. "Gerade ältere Menschen reagieren auch mit sozialem Rückzug, wenn sie feststellen, dass sie in Gesellschaft nur einen Bruchteil von Gesprächen mitbekommen", so Faltus.
Rechtzeitig und regelmäßig vorsorgen
In der Regel entwickelt sich ein Hörverlust schleichend, und Betroffene merken erst spät, dass etwas nicht stimmt. Deshalb ist ein jährlicher Test beim Hörakustiker sinnvoll. Gerade bei jüngeren Menschen entdeckt der HNO-Arzt anschließend oft relativ harmlose Ursachen für eine Hörminderung, wie einen Pfropf aus Ohrenschmalz (Cerumen), der das Trommelfell blockiert, oder einen Erguss im Mittelohr. Doch auch, wenn Nervenschäden die Ursache sind, gilt: Je eher eine Hörminderung behandelt wird, desto eher erreicht die Person ihre Lebensqualität zurück, etwa durch ein optimal angepasstes Hörgerät. "Sich wieder an ein normal gutes Hören zu gewöhnen, dauert bei einer frühzeitigen Versorgung dann oft nur Tage bis Wochen", so der Fachmann. Mehr zum Thema, darunter einen kostenlosen Online-Hörtest, gibt es zum Beispiel unter phonak.de.
Warum gutes Hören so wichtig ist
Unsere Ohren verbinden uns weit mehr mit der Umwelt als unsere Augen. Sie signalisieren, woher ein Geräusch kommt - wir können Gefahren erkennen, Musik genießen, Zwischentöne und Stimmungen wahrnehmen. Kinder, die nicht gut hören, haben oft große Schwierigkeiten, richtig sprechen zu lernen. Ein Hör-Screening bei Neugeborenen gehört deshalb seit einigen Jahren zur Leistung der gesetzlichen Krankenkassen. Doch auch später sollte das Gehör regelmäßig untersucht werden. Adressen qualifizierter Fachleute findet man zum Beispiel unter phonak.de.